Prof. Dr. rer. pol. Dipl.-Kfm. Ref. jur. Bernd Jöstingmeier
Professor für ABWL, insbes. Personalmanagement, Führung, Organisation und Innovationsmanagement

Einführung in das Innovationsmanagement

Eine Invention bzw. Erfindung bezeichnet eine Lösung für bspw. naturwissenschaftliche, technische oder soziale Probleme. Eine Invention kann ein geplantes oder zufälliges Ergebnis von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sein. Bei dem Entstehen einer ungeplanten Invention wird von einem Serendipitäts-Effekt gesprochen.
Inventionen können Ergebnisse von Mitarbeiterideen und -vorschlägen sein. In der Praxis wird versucht, durch betriebliche Vorschlagssysteme oder sogenannte Ideenmanagementsysteme die Mitarbeiter zu Verbesserungsvorschlägen hinsichtlich der internen und externen Prozesse, der Produkte und Dienstleistungen der Unternehmung zu motivieren.
Von der Invention ist die Innovation deutlich zu unterscheiden. Allerdings liegen für den Begriff der Innovation im Gegensatz zur Invention in der betriebswirtschaftlichen Forschung teilweise sehr unterschiedliche Definitionen vor. Gemeinsam ist fast allen Definitionen, dass sie die folgenden bereits 1912 von Schumpeter formulierten Aspekte beinhalten: Innovationen sind im Ergebnis qualitativ neuartige Produkte oder Verfahren, die sich gegenüber dem vorangegangenen Zustand merklich unterscheiden und eine Innovation muss sich am Markt oder innerhalb einer Organisation durchgesetzt haben.
Innovation weist als Begriff also einen stärkeren durchsetzungsorientierten und ökonomischen Bezug auf als der Begriff der Invention, der sich lediglich an der Machbarkeit orientiert. So stellt die Entwicklung eines wasserstoffbetriebenen Flugzeuges zwar eine Invention dar; ob es sich jedoch um eine Innovation handelt, hängt davon ab, ob es erfolgreich in den Markt eingeführt werden kann. Beispielsweise könnte von einer Markteinführung aufgrund zu hoher Produktionskosten oder zu geringer Absatzchancen abgesehen werden oder die Markteinführung kann scheitern.
Die Bedeutung von Innovationen ist für die Volkswirtschaft ebenso wie für Unternehmungen unbestritten. Produkte sind einem individuellen Lebenszyklus unterworfen, der jede Unternehmung dazu zwingt, entweder neue Produkte zu entwickeln oder vorhandene Produkte durch Veränderungen an neue oder veränderte Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Die meisten Unternehmungen sind mit permanenten Veränderungen ihrer Umfeldbedingungen konfrontiert: Technische Möglichkeiten und neue konkurrierende Unternehmungen, konjunkturelle und demographische Entwicklungen, Wertewandel und Gesetzesänderungen etc. führen ständig zu neuen Herausforderungen an die Unternehmungen. Dies bringt die Notwendigkeit mit sich, Innovationen zu entwickeln, um den Unternehmensbestand zu sichern.
Andererseits können sich enorme Chancen aus der Tatsache ergeben, dass neue oder deutlich veränderte Produkte bzw. Dienstleistungen mit einem zeitlich begrenzten Marktvorsprung verbunden sein können, der einen größeren Preisspielraum und höhere Gewinne zulässt. In diesem Zusammenhang kann das Problem entstehen, dass der Marktvorsprung aufgrund schneller Imitation durch Wettbewerber nur kurz anhält und sich die Entwicklungskosten nicht amortisieren können.
Die Globalisierung führt auf vielen Märkten zu einer Erhöhung der Zahl der Wettbewerber. Wenn dies mit einem Angebotsüberhang verbunden ist, führt dies zu einem steigenden Anspruchsniveau auf der Nachfragerseite und zu einer Reduzierung der Gewinnspannen. Daher haben Kosteneinsparungen und Rationalisierungen eine immer stärkere Bedeutung erhalten. In vielen Unternehmungen ist jedoch das Einsparungspotenzial durch Maßnahmen wie Business Reengineering und Lean Management größtenteils ausgeschöpft. Teilweise wurden in manchen Unternehmungen durch zu intensive Kostenreduktionen ungewollt auch die Erfolgspotenziale reduziert. Aus diesen Gründen sehen immer mehr Unternehmungen in einem systematischen Innovationsmanagement den Weg zu höheren Gewinnen und erfolgreichem Wachstum.
Innovationsmanagement
Innovationsmanagement umfasst die Planung, Steuerung und Kontrolle von Innovationsprozessen. Dabei ist Innovation kein einmaliger Vorgang, sondern eine permanente Aufgabe. Innovationen sind einerseits notwendig, um sich an Umfeldveränderungen anzupassen und andererseits bieten Innovationen große Chancen, um Vorteile gegenüber dem Wettbewerb zu erzielen.
Um diese Ziele zu erreichen, sollte das Innovationsmanagement nicht zufällig entworfenen Ideen folgen, sondern strategisch ausgerichtet werden. Im Rahmen eines Ideenmanagementsystems sollten den Mitarbeitern sowie der Forschungs- und Entwicklungsabteilung Hinweise gegeben werden, zur Erreichung welcher Ziele neuartige Ideen benötigt werden.
Im Rahmen einer innovationsorientierten Unternehmenskultur müssen Mitarbeiter spüren, dass neue Ideen erwünscht sind und die Beteiligung der Mitarbeiter an Verbesserungen von betrieblichen Prozessen, Produkten und Dienstleistungen positiv beurteilt und gefördert wird.


Im Rahmen des Projektmanagements sollte in der Regel die folgende Schrittfolge eingehalten werden:
1)     Möglichst exakte Problemdefinition
2)     Ideenfindung
3)     Bewertung
4)     Auswahl
5)     Durchführung
6)     Kontrolle


1) Möglichst exakte Problemdefinition


Für die Problemdefinition ist ausreichend Zeit einzuplanen. Dieser Schritt wird in der Praxis häufig zu kurz bearbeitet. Die Folge davon können Innovationsprozesse sein, die nur oberflächlich auf bestimmte Problemlösungen ausgerichtet sind, aber die dahinter liegenden Ursachen unberührt lassen.
Zur Problemanalyse gehört eine möglichst exakte Problembeschreibung mit der Feststellung möglicher sowie der wahrscheinlichsten Ursachen und die Ermittlung der Zusammenhänge (Vernetzung). Im Rahmen der Problemdefinition können unter anderem Mind Mapping, die Zielbestimmung und die Engpassbestimmung vorgenommen werden sowie die Motivation für die Problemlösung geklärt werden.
Die Anwendung der Szenariotechnik kann dazu dienen, zukünftige Entwicklungen des Wettbewerbs, der Kundenbedürfnisse, der Produkte und Dienstleistungen, der relevanten Technologien etc. einzuschätzen und diese Überlegungen im Rahmen der Ideenfindung zu berücksichtigen.


2) Ideenfindung


Die Ideenfindung sollte systematisch durch die Anwendung von Workshops und Qualitätszirkeln etc. unterstützt werden.
Dabei sind Insbesondere die Phasen der Ideenfindung und der Bewertung sauber zu trennen. Während der Ideenfindung dürfen keine Beurteilungen erfolgen, weil sonst die Gefahr besteht, dass besonders originelle und möglicherweise erfolgreiche Ideen zu schnell wieder verworfen werden oder von den Teilnehmern aus Sorge vor Zurückweisung gar nicht erst geäußert werden.
Während der Ideenfindungsphase können Kreativitätstechniken (Ideenfindungsmethoden) angewendet werden. Kreativitätstechniken sollen das Zustandekommen kreativer Ideen fördern. Denk- und Arbeitsprozesse werden dabei meistens so strukturiert, dass sie den üblicherweise zu beobachtenden Entstehungsprozess kreativer Ideen nachbilden. Bekannte Kreativitätstechniken sind beispielsweise:
• Brainstorming
• Brainwriting-Pool
• Brainwriting-Methode 635
• Morphologischer Kasten
• Reizwortanalyse
• Visuelle Konfrontation
• Bionik
• Synektische Exkursion


Beispiele für Einsatzgebiete der Kreativitätstechniken sind
• Suche nach neuen Produkten und Dienstleistungen
• Forschung und Entwicklung
• Marketing, Werbung und Design
• Verbesserung von Produktionsprozessen
• Suche nach Einsparungspotenzialen


Mögliche Barrieren für die Anwendung von Kreativitätstechniken sind unter anderem:
• Die Regeln werden nicht beachtet.
• Gruppendynamische Konflikte.
• Fehlende Unterstützung durch das Management.


Viele erfolgreiche Unternehmungen binden ihre Kunden in die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit ein. Kunden werden eingeladen, um über die Produkte und Dienstleistungen der Branche zu diskutieren. Dabei achten die Mitarbeiter der Unternehmung insbesondere auf bisher unberücksichtigte Probleme, Sorgen und Wünsche der Kunden. In der Entwicklungsphase werden die Produkte bestimmten ausgewählten Kunden zwecks Erprobung überlassen. Oftmals werden die Kunden bei dem Umgang mit dem Produkt mit ihrem Einverständnis gefilmt, um Rückschlüsse auf die Produktqualität bzw. die Akzeptanz von Seiten des Kunden oder ungelöste Probleme ziehen zu können.


3) Bewertung


Die dritte Phase des Innovationsprozesses ist die Bewertung der Ideen. Oft ist schon die erste Bewertung verbunden mit der Gefahr, die originellsten und eventuell sogar besten Ideen hier bereits auszusortieren. Dennoch ist meistens eine Auswahl unumgänglich, da die sich anschließenden Kosten/Nutzen-Überlegungen, Nutzwertanalysen und Risikoanalysen mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sind, der nur für die erfolgversprechendsten Ideen getätigt werden soll. Wenn im ersten Schritt mit einfachen Methoden wie beispielsweise der „Punktevergabe“ gearbeitet wird, kann man das Dilemma versuchen zu beseitigen, indem die Teilnehmer gebeten werden, einen oder zwei der verfügbaren Punkte (pro Teilnehmer) auf die „originellsten“ Ideen zu kleben, die bspw. auf Flipcharts notiert wurden. Die letzten verbleibenden Ideen können eventuell durch einen Paarvergleich in eine Rangfolge gebracht werden.


4) Auswahl und Entscheidung


Nach der Bewertung erfolgt in einem vierten Schritt die Auswahl und Entscheidung. Eventuell werden zunächst verschiedene Vorstudien in Auftrag gegeben.


5) Marketing und Durchführung


Wurde die Entscheidung für eine bestimmte Idee getroffen, kann die detaillierte Planung der Maßnahmen zur Durchführung beginnen. Marketing gehört zwingend dazu, um die Zielgruppe von der Idee zu überzeugen. Die Durchführung der ausgewählten Idee(n) sollte im Rahmen eines strukturierten Projektmanagementsystems durchgeführt werden. Diesbezüglich finden sich weitere Hinweise in dem Aufsatz: Jöstingmeier, Bernd/Lessel, Michael, Innovationsprojekte erfolgreich durchführen, in: Zeitschrift Führung + Organisation, September/Oktober H. 5/1999, S. 292-295.


6) Kontrolle


Alle Projekte sind nach Abschluss einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen, um daraus Schlussfolgerungen und Verbesserungsmaßnahmen für das Innovationsmanagement und das Projektmanagementsystem abzuleiten.


© Bernd Jöstingmeier 2006. Dieser Text wurde zuletzt aktualisiert am 07.01.2006.


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„If you always do what you always did, you will always get what you always got.“ – Albert Einstein